Die Milchstraße - Mein Pilgerweg von Ferrol nach Santiago de Compostela (camino ingles)

 

Brief eines Pilgers ohne Namen (2)

Der Jakobusbrief

Er gehört seit Alters her zu den (sieben) "katholischen" Briefen des neuen Testamentes.

Es ist so, wie es bei uns erzählt wird: Ohne Unterschied von Stand, Herkunft und Bildung ergreifen alle Menschen des gesamten Erdkreises den Pilgerstab: Arme und Reiche, Kleriker wie Bauern, Könige ebenso wie Gelehrte, Männer, Frauen und Kinder.

Ihr wißt ja, dass Abraham, der von seiner Heimat Ur in Chaldäa fortzog, der erste Pilger war.Bildausschnitt Pilger Und ich erinnere Euch, dass das ganze Leben eines wahren Christenmenschen als Pilgerfahrt gedeutet wird. Der wahre Christenmensch ist auf dieser Welt unterwegs zu seiner ewigen Heimat, die er auf dieser Erde nicht finden kann. Jetzt, da ich am Ziel meiner Pilgerreise angelangt bin, weiß ich um die Bedeutung dieser Worte.
Wir leben nicht um der Vergnügungen willen,  sondern sind  eingebunden in die Sinnstiftungen des wahren Glaubens, wie ihn unsere Mutter Kirche vermittelt.

Ein Tor und Unwissender, der ohne höheres Ziel reist, der nur der Erholung und Abwechslung wegen seine Familie und seine Heimat verläßt.
Reisen soll nur der, der das Heil sucht, das wir in der göttlichen Vergebung der irdischen Sünden finden und das uns aus der erfahrenen Not rettet.
Jetzt, da ich am Ziel meiner Pilgerfahrt angekommen bin, bin ich der Vergebung, der Fürsprache und Gnadenvermittlung des großen Heiligen Jakobus anteilig geworden. Er bringt, wie sonst kaum ein anderer vermag, Heilung körperlichen Schmerzes und Rettung aus Not.

Ihr wißt, den Schutz der Heiligen Mutter Kirche genießt nur der Reisende, der lange, beschwerliche und  gefährliche Wege um seines eigenen Seelenheils willen, des Seelenheils anderer wegen (missio) auf sich nimmt oder der sich auf den Weg macht, die heiligsten Stätten der Christenheit vor Feinden zu schützen oder sie  ihnen zu entreißen.

Ich muss Euch noch berichten, dass die Klagen über betrügerische Wirte, räuberische Kleriker, unehrliche Geldwechsler, ungerechte Zöllner, Straßenräuber und Wegelagerer, die man bei uns erzählt, leider nicht unbegründet sind.
Mir erzählte ein Mitpilger, dass er an einen falschen Priester geraten sei, der den Pilgern die Beichte abgenommen habe und ihnen als Buße aufgab, dreißig Messen lesen zu lassen. Diese aber sollten sie gegen entsprechendes Entgelt bei einem Priester bestellen, der wirklich keusch und arm lebe und kein Fleisch esse.
Den bußfertigen Pilgern wurde vom Beichtvater ein solchermaßen sittenreiner Priester genannt. Gott sei Dank sei der Schwindel noch rechtzeitig aufgeflogen, hätte dieser Priester doch die Pilger um all ihr Geld geprellt.
Zu Eurer Beruhigung teile ich Euch mit, dass Gottes Hilfe, die Privilegien der Pilger, und der Schutz des Geleitschreibens mich vor jedem Unheil bewahrt haben.
Ihr wißt, der Wunsch, Christus nachzufolgen, trieb mich an diesen Heiligen Ort.
Hier, wo die Gebeine des Heiligen Apostels ruhen, spüre ich die Gnade Gottes, durch die ich mein Heil finden kann, besonders stark. Ich habe mit meinen Händen, meiner Stirn und meinem Mund berührt, was uns allen Schutz und Hilfe sein wird. Mein Pilgerstab hat die heilige Erde berührt und die Jakobsmuschel trägt die Kraft des Heiligen in sich. Wie die Erde aus dem Heiligen Land, das Holz vom Kreuzesstamm  oder das von den Kerzen am Heiligtum herabtropfende Wachs, nötigen auch sie jedem gläubigen Menschen Verehrung ab, denn in ihnen steckt die göttliche Kraft Wunder zu bewirken.
Das Grab des Apostels und Streiters gegen die Mauren steht allen Christenmenschen Tag und Nacht offen.
Es herrscht auch hier, wie auf dem gesamten Weg, Gastfreundschaft für Fremde und Pilger, eingedenk dessen, wie in der Bibel geschrieben steht: "Vergeßt die Gastfreundschaft nicht; denn durch sie haben einige, ohne es zu merken, Engel beherbergt."
Auch der Heilige Benedikt ordnet unter Verweis auf die Schriften des Heiligen Matthäus 25,35 an: "Alle Gäste, die zum Kloster kommen, werden wie Christus aufgenommen; denn er wird einst sprechen: Ich war fremd, und ihr habt mich beherbergt. Allen erweise man die ihnen gebührende Ehre, besonders den Glaubensgenossen und den Pilgern."
Ich fand auf dem Weg aber nicht nur Herberge und Schutz innerhalb Klostermauern der Bruderschaft des Heiligen Benedikt. Bisweilen nächtigte ich in Hospitälern, die von Königen, Bischöfen, Adligen, reichen Leuten, geistlichen Ritterorden und Bruderschaften gestiftet worden waren.
In den Siedlungen und Städten entlang des Weges fand ich zahlreiche Hospize und Herbergen, die mit der Jakobsmuschel gekennzeichnet waren.
Manchmal wies uns in schwierigen Wegpassagen Glockengeläut den Weg oder ein freundlicher Eremit bot allen Pilgern Wasser an.
Bei meiner Ankunft in Santiago registrierte man meinen Namen, meine  Herkunft und meine mitgeführte Habe. Da ich mich guter Gesundheit erfreue, ist mein Aufenthalt auf höchstens drei Nächte begrenzt. Zur Kontrolle markierte ein Wächter meinen Pilgerstab mit einer Einkerbung.
Ich werde mich noch vor Sonnenuntergang nach einer Herberge umschauen.
Dabei kommt mir meine Vorsicht, die ihr ja alle kennt und der gute Rat meiner Pilgerfreunde zu Gute: Ich habe gelernt, dass ich Wirten, die den Pilgern vor den Städten entgegenkommen und allzu überschwenglich gute Unterkunft versprechen, nicht trauen darf. Allzu oft kommt es vor, dass sie den Pilgern dann ein schlechtes Bett  geben oder gar die verjagen, die schon bezahlt haben, wenn andere, besser zahlende Gäste erscheinen.
Zum Probieren geben sie guten Wein, verkaufen dann aber schlechten oder Most oder verwenden falsche Maße.
Manche geben ihren besten Wein im Übermaß, um die Gäste zu berauschen und dann die fest Schlafenden auszurauben. Man erzählt sogar von Wirten, die Gäste vergiftet haben sollen, um sich derer Habe zu bemächtigen.
Manche sollen den Pilgern Fleisch und Fische, die schon vor drei oder gar mehr Tagen gekocht worden waren, verkauft haben, Schmerzen oder gar den Tod der Gäste in Kauf nehmend.
Manche bieten das erste Essen gratis an, verkaufen aber völlig überteuerte Opferkerzen.
Überhaupt ist zu sagen, dass es mir passierte, dass ich bei Wirten einkehren wollte, die Schänke aber fluchtartig verlassen habe, als ich merkte, dass sie für Wein, Fleisch, Mehl und Kerzen im Vergleich zum Markt viel zu hohe Preise verlangen. Sie betrügen gutgläubige Pilger beim Geldwechseln und arbeiten mit Wechslern und gar Kirchenwächtern zusammen, um mit ihnen, die an den Pilgern unredlich erzielten, Wechselgewinne zu teilen. Sie schrecken nicht davor zurück das Geld von in ihrer Herberge verstorbenen Pilgern zu behalten, statt es als Almosen für Arme und Geistliche zu verwenden.
Wir wurden auch vor Straßenräubern und Dirnen gewarnt, die zwischen der Mino-Brücke und Palas del Rey an waldreichen Orten den Pilgern häufig entgegentreten.
Unterwegs teilte ich bisweilen mein Bett mit zwei oder mehr Gästen, denn manche Unterkünfte zählen nur zwölf Betten, nach der Zahl der Heiligen Apostel. Herdfeuer und damit Gelegenheit die Kleider zu trocknen, was für mich sehr wichtig war, fand ich fast immer vor.
Leider war nicht oft Gelegenheit mich gründlich zu waschen und noch seltener ließ sich ein Schuster auftreiben, der mir die Sandalen flickte.
Ich habe gehört in Astorga sollen die Schuhmacher für Arbeit an Feiertagen von Strafe befreit sein, wenn sie für Pilger arbeiteten.
Ernährt habe ich mich meist von Brot, Wasser und Gemüse. Nur sehr selten bekam ich Wein und etwas Fleisch, zu Preisen, die ich mir auch leisten konnte.
Den Schwachen von uns wurde immer wieder Hilfe angeboten und Geistliche unterstützten solche, die sich dem Tode nahe wähnten, beim Abfassen des Testaments. Sie sorgen auch für ein ordentliches Begräbnis und bewahren hinterlassene Habe ordnungsgemäß auf.

Brief Teil 3

Warnung vor Selbstsicherheit und Überheblichkeit

13 Nun zu euch, die ihr sagt: »Heute oder morgen werden wir in die und die Stadt reisen! Dort werden wir ein Jahr lang Geschäfte machen und viel Geld verdienen.«
14 Woher wisst ihr denn, was morgen sein wird? Was ist euer Leben? Es gleicht einem Dampfwölkchen, das aufsteigt und sich sogleich wieder auflöst.
15 Sagt lieber: »Wenn der Herr es will, werden wir noch leben und dies oder jenes tun.«
16 Ihr aber seid stolz und überheblich; und ein solcher Stolz ist verwerflich.
17 Im Übrigen gilt: Wer die Zeit und die Mittel hat, Gutes zu tun, und es nicht tut, macht sich schuldig.

 Jakobus 4, 13 - 17, Text entnomme aus:
 Gute Nachricht Bibel
© 2001 Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart
(Dort finden Sie den vollständigen Jakobusbrief)

Heinrich Wagner - vor der Darstellung des Hl Jakobus im Stundenbuch von Johanna I von Kastilien

“Die »Katholischen Briefe« des Neuen Testaments
Die Lehrbücher des Neuen Testaments sind Briefe an Gemeinden oder Einzelpersonen. Sie werden in zwei Gruppen eingeteilt: »Paulusbriefe« (inklusive der so genannten »Pseudepigraphen«, d.h. Schriften, die unter dem Namen des Paulus von seinen Schülern verfasst worden sind) und »Katholische Briefe«.

In den Katholischen Briefen (katholisch = griechisch für »allgemein«, d.h. für die ganze Kirche bestimmt), die als Verfasser Petrus, Johannes, Jakobus und Judas nennen, geht es um ganz ähnliche Probleme wie in den paulinischen Briefen: Darstellung des wahren Glaubens, Abwehr von falschen Lehren und die richtige Gestaltung des christlichen Lebens in der Gemeinde, der Familie, der Berufswelt und in der Gesellschaft.”

© 2001
Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart

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